contrapunkt austauschplattform kunstausbildung weltweit

die fragen a - l                                                                                                  januar 2010
                       

liebe kolleginnen und kollegen!
unter dem gesamtgesellschaftlichen eindruck des zunehmenden auseinanderklaffens von berufs- und allgemeinlebenskompetenz richte ich das wort an uns alle für die kunstausbildung zuständigen verantwortungsträger. meine fragen die ich hier stellen will haben allerdings nicht nur mit inhalten der kunstausbildung zu tun, ABER AUCH MIT IHR!
unsere kunstschulen sind jüngst den aktuellen globalgesellschaftlichen erfordernissen angepasst worden und sie werden es immer noch. klar ist die globalität in der wirtschaft auch in der aktuellen kunstausbildungsausrichtung etwas zentrales, wenn nicht sogar  DAS ZENTRALE AN UND FÜR SICH.
jetzt ist es ja so, dass wir aktuell in der kunstausbildung einerseits mit dieser steten globalen strukturanpassungsfrage beschäftigt sind, und dass wir aber andererseits auch ganz konkret den erfordrnissen unsere studentinnen und studenten begegnen in ihrem individuellen, wie dem der allgemeinen selbstbestimmungskultur verpflichteten, ringen um ein adäquates selbst- und gesellschaftsverständnis und -leitbild in beruf und allgemeinleben. auf letzteres zielen meine fragen hin die im folgenden aufgeführt sind, auf das meistern und zusammenbringen von den berufserfordernissen und dem riesenberg von alltags-, gesellschafts-, welt- und selbsterfordernissen, dem der moderne mensch heute in zunehmendem masse gegenübersteht.
sicher wären stellungsnahmen wünschenswert für einen offenen kunstausbildungsdiskurs zu handen der ausrichtung unsere kunstschulen, der möglichen gegnseitigen komunikation und anregung und  gemeinsamer bildunggesellschaftsreformerisch  relevanter öffentlicher auftritte und stellungnahmen.

meine fragen lauten folgendermassen:

 

a) was ist der erfolgsbegriff den wir unseren stuenten/innen kunst und design, insbesondere auch in den diesen lehrgang einleitenden gestalterischen vorkursen, vermitteln wollen?

b) inwiefern hat dieser erfolg mit allgemeinem biografischem glücken zu tun/ inwiefern ausschliesslich mit berufsglück?

c) inwiefern lässt sich das berufsglück tatsächlich vom allgemeinen biografischen Glücken trennen und inwiefern sind sie eng und unzertrennlich ineinander verbunden?

d) was ist unsere haltung der frage der anerkennung gegenüber? wie unterscheiden wir unseren studenten/innen gegenüber die selbstanerkennung von der beruflichen resp. öffentlichen anerkennung und wie werten wir sie?

e) inwiefern erachten wir diese fragen des erfolgs und der anerkennung als unbedingter teil des moderngesellschaftlichen kunstdiskurses und der bildungverantwortung an unseren kunstschulen und inwiefern sehen wir das als private angelegenheit sowohl der unterrichtenden als auch der studenten/innen?

f) inwiefern sehen wir die selbstverantwortungsgesellschaft mit ihren spezifischen erfordernissen und ihrer zeitsignatur als teil des kunstdiskurses und der bildungsverantwortung an unseren kunstschulen und inwiefern überlassen wir das der sichtweise der unterrichtenden und ihrer studenten/innen?

g) inwiefern vermitteln wir an unsere studenten/innen ein kunstgelingenwollen das in einem allgemeinen gesellschaftsgelingenwollen wurzelt, und inwiefern sehen wir die Verantwortung dieser zwei dinge als etwas voneinander getrenntes dem wir als künstler/innen und als menschen verpflichtet sind?

h) inwiefern ist es für die bildungsverantwortung an unseren kunstschulen relevant dass wir mit  jedem „künstler und jeder künstlerin in ausbildung“ auch einen allgemeinen, individuellen jungen menschen in ausbildung (in einem bildeprozess begriffen) vor uns haben, und inwiefern lagern wir das zweite notgedrungen und nicht näher reflektiert  aus ins zunehmend allgemeingesellschaftlich difuse private?

i) unsere kunstschulen sind keine adressen für persönlichkeitscoaching, keine therapiestationen und  keine psychologisch beratenden institutionen, auch keine der philosophie oder der noch jungen sozialwissenschaften, und trotzdem und inwiefern kommen wir in unserer bilungsverantwortung nicht umhin, unsere studenten/innen als „mögliche zuküntig in bildender kunst und design tätige“ auch als die menschen die sie sind und der selbstverantwortlichkeit verpflichtete gesellschafter/innen mitzudenken?

k) inwiefern ist heute eine kunstschule ohne selbst- und gesellschafts- und sinnfragen reflektierende wissenschaftliche Fächer noch zumutbar und inwiefern ist deren integration ins bildungssystem ein unbedingtes gebot der zeit?

l) von wo aus wird das selbst- und das gesellschaftsgelingen wollen besser impulsiert als wenn es als unterichtsteil verpflichtendes modul wäre in jedem berufsbilungsinstitut, und damit eben auch in jenen der kunstbildungsverantwortung? wie sehen wir das?

 

mit besten kollegialen grüssen

                                 heyer thurnheer                                   
                                 projektleiter vorkurs s3 locarno   

 

contrapunkt.pdf
heyer@thurnheer.com

 

                   

gestalterischer vorkurs s3   via franzoni 15   CH - 6600 locarno switzerland   +41 (0)91 752 16 24   info@s3vorkurs.ch